Vereinfacht ausgedrückt normiert § 1301 ABGB, dass mehrere Schädiger „für einen widerrechtlich zugefügten Schaden“ gemeinsam „verantwortlich“ sein können, wenn sie gemeinschaftlich, unmittelbar oder mittelbar zu einem entstandenen Schaden beigetragen oder diesen nicht verhindert haben. Eine solche „gemeinschaftliche“ Haftung liegt in der Regel auch dann vor, wenn zwischen den Tätern zwar kein Einvernehmen über die Schädigung gegeben war, wohl aber über die gemeinsame Durchführung eines bestimmten Vorhabens, bei dessen Verwirklichung eine nicht beabsichtigte Schädigung erfolgte.
Der Oberste Gerichtshof hatte erst unlängst einen Sachverhalt zu beurteilen, bei dem eine Gruppe von Jugendlichen das Gelände einer Klägerin betreten hatte. Unter den Jugendlichen gab es keine Vereinbarung, an dem Gelände Sachen zu beschädigen. Außerdem hatte niemand solche Beschädigungen angeschafft, es gab auch keinen Rädelsführer und keiner der Jugendlichen hat eine andere Person zu Beschädigungen motiviert.
In seinem Urteil vom 30.07.2013, 8 Ob 5/13p, sprach der Oberste Gerichtshof daher aus, dass eine gemeinsame Haftung nicht vorliegt. Das gemeinsame Vorhaben der Gruppenmitglieder beschränkte sich nämlich „bloß“ auf das Betreten der Liegenschaft, was nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes als solches nicht gefährlich im Sinne der Herbeiführung der eingetretenen Schäden war. Da alle Schäden erst durch das in der Folge von einzelnen Gruppenmitgliedern jeweils für sich gesetzte Verhalten entstanden waren, haften die Gruppenmitglieder nicht solidarisch für entstandene Schäden.
Die vorliegende Entscheidung des Obersten Gerichtshofes scheint aus opferrechtlicher Sicht auf den ersten Blick nicht zufriedenstellend. Betrachtet man aber deren rechtswissenschaftliche Begründung von einem objektiven Gesichtspunkt aus, zeigt der Oberste Gerichtshof nachvollziehbar auf, dass Personen dann nicht für Schäden (solidarisch) haften, wenn die schadensverursachenden Handlungen unabhängig vom gemeinsamen Vorsatz, von einzelnen Mitgliedern einer Clique, gesetzt wurden.
Für die Praxis bedeutet dies, dass in allfälligen Schadenersatzprozessen klar vorzubringen und darzulegen ist, inwieweit ein gemeinsamer Vorsatz vorliegt, um so Gerichten eine entsprechende Entscheidungsbasis zu ermöglichen. Dies gilt vor allem auch für die opferrechtliche Sichtweise.
Siehe auch
RIS – Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 30.07.2013, 8 Ob 5/13p